Was ist?

Interpersonelle Gewalt im Sport

Der Begriff „Interpersonelle Gewalt" im sportlichen Umfeld umfasst fünf Formen von Gewalt, die sich zumeist auf eine absichtliche und nicht zufällige Handlung oder auf ein absichtliches Verhalten beziehen.

Diese geschehen gegen den Willen der Sportler-, Trainer-, Betreuer:innen oder Ehrenamtlichen und sie passieren fast nie aus Versehen. Hierbei wird neben den fünf Formen auch von unterschiedlichen Ausmaßen der Ausübung von Gewalt gesprochen.

Wie zeigt sie sich?
Die FÜNF Formen
  • Ist das ständige und/oder wiederholte Unterlassen fürsorglichen Verhaltens durch verantwortliche Personen:

    • Wenn ein:e Sportler:in sich verletzt und nicht medizinisch versorgt wird
    • Wenn Essen oder Trinken während des Trainings oder des Wettkampfs nicht erlaubt wird
    • Wenn die Aufsichtspflicht verletzt wird.

    Z.B. „Stell dich nicht so an“, „Da musst du durch“, links liegen lassen, nicht beachten, ignorieren.

  • Bezeichnet Gewalthandlungen, die dazu verwendet werden eine Person zu erniedrigen, zu bedrohen oder lächerlich zu machen. Sie stellen einen Angriff auf eine Person dar, um Macht und Kontrolle auszuüben:

    • Wenn ein:e Sportler:in beleidigt oder gemobbt wird
    • Wenn jemandem immer wieder gesagt wird, dass er/sie nicht gut genug ist
    • Wenn mit Rauswurf gedroht wird.

    Z.B. „Mach’s so oder du brauchst du nicht mehr zu kommen!“, „Heulen ist was für Pussies/ Schwuchtel/ Memmen/ Mädchen“, „Du kannst doch eh nichts!“, „Das bleibt unser Geheimnis.“, usw.

  • Ist eine gezielte Anwendung von Gewalt, die zu körperlichen Verletzungen führt oder das Potential dazu hat:

    • Wenn ein:e Sportler:in während oder außerhalb des Trainings geschubst oder geschlagen wird
    • Wenn jemand zum Training oder Wettkampf unter Schmerzen gezwungen oder gedrängt wird
    • Wenn ein:e Sportler:in zur Einnahme von leistungssteigernden Substanzen gezwungen wird

    Z.B. Übermäßige körperliche Übungen als Strafe, körperliche Angriffe wie Schläge, Tritte, usw.

  • Sexuelle Gewalt ist jede sexuelle Handlung, die gegen den Willen an oder vor einer Person vorgenommen wird oder der die Person aufgrund einer Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann.

    Dabei wird zwischen sexualisierter Gewalt mit und ohne Körperkontakt unterschieden. Beispiele für sexuelle Gewalt ohne Körperkontakt sind:

    • Wenn jemand sexistische Kommentare über das Aussehen oder die sexuelle Orientierung macht
    • Wenn jemand unaufgefordert Nacktbilder oder anzügliche Nachrichten verschickt oder einfordert
    • Wenn jemand gezwungen wird, sexuellen Handlungen zusehen zu müssen
    • Wenn Sportler:innen nackt in der Kabine gefilmt oder fotografiert werden
  • Sexuelle Gewalt ist jede sexuelle Handlung, die gegen den Willen an oder vor einer Person vorgenommen wird oder der die Person aufgrund einer Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann.

    Dabei wird zwischen sexualisierter Gewalt mit und ohne Körperkontakt unterschieden. Beispiele für sexuelle Gewalt mit Körperkontakt sind:

    • Wenn jemand sexuelle Handlungen gegen den Willen von anderen vornimmt
    • Wenn jemand nicht „Ja“ zum sexuellen Akt gesagt hat oder dazu gezwungen/ gedrängt wurde, „Ja“ zu sagen
Welches Ausmaß?
Grenzverletzung - Übergriff - Straftatbestand
    • Eine Situation, in der eine persönliche Grenze überschritten wird
    • Kommt nur einmalig oder gelegentlich vor
    • Geschieht unbeabsichtigt und kann korrigiert werden.

    z.B. Flapsiger, unangemessener Spruch, zu forsche Motivation, ungewünschte Umarmungen oder Blicke u.v.m.

    Wichtig: Grenzverletzung benennen, Verhalten korrigieren, Entschuldigung aussprechen. 

    Tipp: Ein gemeinsames Codewort kann dazu anregen, die Übertretung anzusprechen und darüber auszutauschen.

     

    • Nicht zufällig oder aus Versehen
    • Resultiert oft aus persönlichen/ fachlichen Defiziten
    • Gehören zu den typischen Strategien von Verursacher:innen (testen von Manipulation & Isolation)

    Wichtig: Hierbei werden Grenzen wiederholt ignoriert. 

    • Strafrechtliche relevante Gewaltform
    • Beispiele: Vernachlässigung der Aufsichtspflicht, systematisches Mobbing, sexuelle Berührungen, Vergewaltigung, versuchter Sex, Penetration, Erstellen/Verbreiten von Nacktbildern, usw.
    • Handlungen vor und an den Betroffenen oder Anleitung zu Handlungen

Was tun?

Was tun, wenn ihr einen Verdacht habt, angesprochen werdet oder selber betroffen seid? Hier findet ihr alle Infos & Anlaufstellen in Ostbelgien!

Das passiert doch nur in Einzelfällen
Mit Vorurteilen aufräumen
  • 86% zu 72% haben interpersonelle Gewalt im Leistungssport bzw. Freizeitsport erlebt.
  • 79% zu 71%: Die Prävalenz interpersoneller Gewalt im Sport in Europa ist bei Jungen höher als bei Mädchen.
  • 60% der gleichaltrigen Sportler*innen sind Verursacher*innen bei psychischer Gewalt.
  • 52% erleben körperliche Gewalt im Sport.
  • 45% durchlebten mind. zwei Formen von interpersoneller Gewalt im Sport.
  • 41% erleiden sexuelle Gewalt ohne Körperkontakt.
  • 40% werden vernachlässigt im Sport.
  • 25% durchleben sexuelle Gewalt mit Körperkontakt.

„Nur 5-8%“: baten um Unterstützung und Hilfe im Sportkontext im Rahmen der Ausübung interpersoneller Gewalt im Sport.

Die Gamechanger-Kampagne

Quellen:

Council of Europe (2020). Im Internet unter:  https://human-rights-channel.coe.int/stop-child-sexual-abuse-in-sport-en.html .

Deutscher Kinderschutzbund (o.J.) in: Landessportbund Nordrhein-Westfalen e.V. (o.J.): Prävention von (sexualisierter) Gewalt im Sport. Präsentation des Kurz & Gut-Seminars.

Hartill et al. (2021). CASES: Child abuse in sport: European Statistics – Project Report. Ormskirk, UK: Edge Hill University.

Landessportbund Nordrhein-Westfalen e.V. (o.J.): Prävention von (sexualisierter) Gewalt im Sport. Präsentation des Kurz & Gut-Seminars.

Leep et al. (2008): Child Maltreatement Surveillance. Uniform Definitions of Public Health and Recommended Data Elements. Atlanta. Übersetzt von Dieter Fische, 2009.µ

Rulofs, B., Ohlert, J., Hartmann-Tews, I. Axmann, G., Brennecke, D., Hoffmann, B., Schäfer-Pels, A. & Allroggen, M. (2022). Trainer:innen als zentrale Akteur:innen in der Prävention sexualisierter Gewalt: Umgang mit Nähe und Distanz im Verbundsystem Nachwuchsleistungssport (TraiNah) [Bericht zum Forschungsprojekt]. Deutsche Sporthochschule Köln.

Rulofs et al. (2022): SicherImSport. Sexualisierte Grenzverletzungen, Belästigung und Gewalt im organisierten Sport. Häufigkeiten und Formen sowie der Status Quo der Prävention und Intervention. Köln & Ulm: Deutsche Sporthochschule Köln & Universitätsklinikum Ulm.

Rulofs et al. (2022). Child Abuse in Sport: European Statistics – Bericht Deutschland: Prävalenz und Charakteristika von interpersonaler Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im und außerhalb des Sports in Deutschland. Köln & Wuppertal: Deutsche Sporthochschule Köln & Bergische Universität Wuppertal.

Rulofs, B. (2016): »Safe Sport« – Schutz von Kindern und Jugendlichen im organsierten Sport in Deutschland: Erste Ergebnisse des Forschungsprojektes zur Analyse von Häufigkeiten, Formen, Präventions- und Interventionsmaßnahmen bei sexualisierter Gewalt. Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Soziologie und Genderforschung.